Im Kreis der Besten – Leben im Quadra
eine Einführung in Verwaltungsorgane und höhere (Um-)Laufbahnen, Nationaltheater Mannheim
Irgendwann später, nach unserer Geburt, entdecken wir, dass wir in der Welt viel mehr vorfinden, als wir selbst in sie hineinbringen. Etwas Wohlorganisiertes, Wohlmeinendes hält seine schützende Hand über die täglichen Dinge – alles ist zum Besten bestellt! Wir lernen unsere Interessen mit denen der Gemeinschaft in Einklang zu bringen. Dafür werden wir belohnt mit Komfort und Isolation.
Wir lassen uns von anderen verwalten, statt uns selbst zu erledigen. Nach den Erkundungsreisen in der Straßenbahn und am Hafen begibt sich das Schauspiel nun dorthin, wo alle Fäden zusammenlaufen, in das Rückenmark der Stadt: in ihre Verwaltung. Die Stadt ist ein Körper, sie hat Organe, an diesen hängen Apparate, die sie am Leben erhalten. Auf der Suche nach der Mannheimer Seele finden wir jene Menschen, die mehr als alle anderen das „Gemeinwesen“ geworden sind. Sie sind die Botenstoffe und Helferzellen des Gemeindekörpers, und sie sind ungemein kreativ. In ihren Herzen und Fluren geht die
Sehnsucht nach dem Bürger um, nach dem glücklichen Gemeinwesen, der perfekten Stadt. „Herrschaft ist im Alltag primär Verwaltung“, sagt Max Weber.
Aber wo Verwaltung der Alltag ist, da herrscht Sehnsucht. Das Verhältnis zwischen den Bürgern und ihrer Verwaltung hat das Zeug zu einer klassischen deutschen Liebestragödie. Von oben betrachtet ist die Stadt wunderschön, aber die Menschen werden sehr klein. Im Kreis der Besten. Leben im Quadrat ist Bürgersprechstunde, kleine Geschichte der Bürokratie und Zwischenstand im Wettbewerb um das beste Gemeinwesen, inszeniert an den Spielorten der Mannheimer Verwaltung. Es ist die erste Arbeit des Regisseurs Lajos Talamonti am Nationaltheater.
Termine
Premiere: 18. Juni 2010
Credits
Regie und Text: Lajos Talamonti, Ausstattung: Kathrin Younes, Dramaturgie: Jan-Philipp Possmann
Mit: Almut Henkel, Ragna Pitoll, Thorsten Danner und Jacques Malan
Eine Produktion des Nationaltheater Mannheim
„Herrschaft ist im Alltag primär Verwaltung“, sagt Max Weber.
Aber wo Verwaltung der Alltag ist, da herrscht Sehnsucht. Das Verhältnis zwischen den Bürgern und ihrer Verwaltung hat das Zeug zu einer klassischen deutschen Liebestragödie.
Presse
Nachtkritik
Im Kreis der Besten. Leben im Quadrat
Lajos Talamonti gräbt sich ins Rückgrat der Stadt und fabuliert von der Reform eines Verwaltungsapparates Boulevard mit Bürokraten, von Bernd Mand
Weit schaut es sich von hier aus. Weit und ein wenig dunstig. Die Kantine der Mannheimer Stadtverwaltung ist ein eigentümlicher Ort. Lajos Talamonti zieht es mit seiner ersten Inszenierung für das Nationaltheater hinaus in die Stadt. Genauer gesagt zu ihrem Herzstück: der Verwaltung. „Im Kreis der Besten. Leben im Quadrat“ ist eine gutwillige und unmittelbare Versuchsanordnung am Tatort. Ausgangspunkt für die Stückentwicklung bildet dabei die großangelegte Umbauaktion in der lokalen Stadtverwaltung, die Mannheims Administrationsapparat zu einem der modernsten seiner Art in der Republik machen soll. Es geht um Veränderung und Bewahrung, um Innovation und Verweigerung.Herausgekommen ist ein zweistündiges Theaterstück, das sich wacker am Grenzgang zwischen dramatischer Realitätsspiegelung und absurd komischer Boulevard-Performance versucht. Für den Zuschauer bedeutet das einen permanenten Schwebezustand zwischen Reportage und Workshop, der bisweilen Züge einer düsteren Freakshow annimmt. Clever wird hier mit den Kernen der vorgestellten Klischees gespielt und ein großspurig angekündigtes Reformunternehmen ordnungsgemäß auseinander genommen.
NRZ
von Monika Frank
Büroschlaf war gestern, längst hat das New Public Management alle größeren Rathäuser der Republik erobert. Doch zwischen Vision und Realität klaffen schwer überbrückbare Abgründe, wie Talamonti, Autor und Regisseur des sauber recherchierten Projekts am Verhalten der vier Prototypen zeigt, die hier als Experten am Podium sitzen und das Publikum als Bürger-Infoabend begrüßen. Das in der Bürgerrolle immer wieder angesprochene Publikum amüsiert sich, wobei der Witz der dramaturgisch gut
gestalteten Textvorlage eine wichtige Grundlage für das Vergnügen an der unterhaltsamen Produktion liefert, die ganz entschieden von der Spielfreude des vierköpfigen Ensembles getragen wird.