Die Rückkehr der Fledermaus
eine gesungene Finanzkomödie
Klassenspiel der 12. Klasse Rudolf-Steiner-Schule Berlin Zehlendorf 2012
eigene Fassung nach Johann Strauss und Quellen zur Finanzkrise
Die Fledermaus von Johan Strauß gehört zu den wenigen Operettenstoffen, auf die das Sprechtheater als Vorlage gerne zurückgreift, weil das Libretto, nach dem Geschmack der Zeit, eine ausgereifte Boulevardkomödie ist.
Die Handlung ist im Ausgehenden 19. Jahrhundert angesiedelt, nach dem vom Reich gewonnenen Krieg gegen Frankreich. Das Reich war geeinigt und es flossen hohe Reparationszahlungen vom Verlierer zum Gewinner. Auch Österreich-Ungarn profitierte von dieser Geldschwemme. Dieses Geld war Grundlage des Gründerzeitbooms in den Reichsstädten. Es wurde investiert, es wurde gebaut, es wurde spekuliert. Bis die Immobilienblase, mangels Nachfrage platzte, der so genannte Gründerzeitcrash. Dieses Zeitgeschehen durchzieht die„Fledermaus„ und besitzt, eingedenk der Finanzkrise seit 2008, auch für Heute erzählerische Stärke . In den Fokus rückt dann – im dritten Akt – aber doch die bürgerliche Doppelmoral, was uns dazu veranlasst hat, das Originalmaterial zu überschreiben und einen anderen moralischen Aspekt in den Vordergrund zu stellen: Die Frage,
welche Konsequenzen sich im Rahmen einer forcierten Komödie aus dem kapitalistischen Kredo der Risikofreude ergibt. Davis Graeber, ein Vordenker der Occupy Bewegung, weist darauf hin, dass sich hinter unserem zivilen Miteinander immer auch das verinnerlichte Verhältnis zur (Staats-) Macht verbirgt. Gesellschaftliches Ansehen, Gewohnheiten und Selbstverständnis kollidieren in dieser spekulativen, auf hohen Gewinn hin angelegten ökonomischen Handlungsweise miteinander und führen letztlich dazu, die eigenen Lebensumstände als Wetteinsatz ins Sagenhafte zu verbessern, oder aus dem eigenen Leben hinausgeworfen zu werden. Krise und Risiko sind Synonyme.
Die ästhetischen Mittel zusammengenommen: Operette und Vokalise, Dokumente, Vaudeville – fordern eine große Bandbreite schauspielerischer Mittel. „Dabei bin ich ein Märtyrer. Die ganze Welt müsste mir ein Denkmal setzen: ich, Gabriel von Eisenstein, habe eine Beamtenbeleidigung begangen – ich habe es gewagt, unseren Finanzminister einen Dieb zu nennen, einen Wegelagerer und einen Raubritter. Blutsauger. Und nicht nur der. Das System. Ein geldsaugendes, gieriges Ungeheuer. Ein Diktator hat weniger Macht als der Herr Finanzminister. Und es gibt absolut nichts, was man dagegen machen kann.“
Termine
8.11 bis 11.11 2012
Credits
Schüler und Schülerinnen von 8-18 Jahre, Konzept und Regie Lajos Talamonti, Korrepetition und musikalische Fassung Mark Badur
Gefördert von
Rudolf-Steiner-Schule Berlin Dahlem